04.05.2020

Es geht immer, irgendwie – oder?

„Seit Beginn des Lockdowns ist mein Einkommen für die nächsten paar Monate weg. Alle Produktionen wurden abgesagt, alle Gastspiele, bei denen ich mitgearbeitet hätte, gestrichen. Neue Aufträge werden ebenfalls keine reinkommen in der nächsten Zeit, man weiss ja nicht, wann wieder Veranstaltungen stattfinden können.

Ich bin seit zehn Jahren freischaffende Kostüm- und Maskendesignerin. Das ist kein Beruf bei dem man viel verdient, aber ich bin zufrieden, dass ich davon leben kann. Dass von einem Moment auf den anderen alles vorbei sein kann, das hat mir schon zu denken gegeben.
Von der Ausgleichskasse bekomme ich nun 31.20 Franken am Tag. Damit kann ich gerade die Miete des Ateliers zahlen – that’s it. Das Problem: Bei Selbständigen wird bei der Berechnung des Taggelds das Nettoeinkommen berücksichtigt, also jenes Einkommen, das nach Abzügen aller Fixkosten entsteht und daher meist relativ tief ausfällt.

Das tiefe Taggeld gibt mir auch das Gefühl, nicht als vollwertiges Mitglied dieser Gesellschaft ernst genommen zu werden."

Also bin ich kreativ geworden und habe angefangen, meinen Fundus an Kostümen und Masken auf Instagram zu verkaufen. Dazu habe ich kleine Fotostrecken oder Videos gedreht die mir zu der aktuellen Situation eingefallen sind. Daneben nehme ich alle Jobs an, die ich bekommen kann. Mache Garten- oder Renovationsarbeiten bei Bekannten, um mich irgendwie über Wasser zu halten. Zum Glück haben meine privaten Vermieter mir eine Monatsmiete geschenkt, das ist Gold wert! Im Gegenzug schleife ich das Treppenhaus.

Das tiefe Taggeld der Ausgleichskasse ist nicht nur finanziell problematisch. Es gibt mir auch das Gefühl, nicht als vollwertiges Mitglied dieser Gesellschaft ernst genommen zu werden. Gerade die Kulturschaffenden waren es doch, die kurz nach dem Lockdown aktiv wurden und Konzerte, Literatur und Unterhaltung auf allen möglichen Kanälen anboten - umsonst, versteht sich. Das wird mit solch lächerlichen Entschädigungen überhaupt nicht wertgeschätzt.
Klar, wir sind es uns gewohnt, uns immer irgendwie durchzuhangeln. Irgendwie geht es immer. Vermutlich wird das auch bei dieser Herausforderung so sein.“