11.03.2019

Die älteste Ateliergenossenschaft Basels ist umgezogen

Ich treffe Regula, Werner, Celia und Jan in der Küche ihres neuen Arbeitsortes, vierter Stock, Gebäude 106, auf dem Werkareal der BASF. Heute verwaltet von der Organisation für Zwischennutzungen «Unterdessen». Die vier Künstlerinnen und Künstler wirken vor allem eines: erleichtert. Erleichtert darüber, dass es vorbei ist. Der Kampf, das Suchen, der Auszug, die Renovation, der Einzug. „Wir waren noch in unseren alten Ateliers, als der Umbau im Ausstellungsraum begonnen hat. Es ´stübte´ und hat teils Bilder beschädigt“, sagt Jan, 30 Jahre alt. „Und von den Asbest-Sanierungen erfuhren wir erst von den Bauarbeitern im Schutzanzug“, sagt Celia, 35.

Der Unmut darüber, wie alles abgelaufen ist, ist noch immer spürbar. Und die Enttäuschung, dass man aus der ehemaligen Klosterkirche nun ein Atelierhaus mit teureren Mieten und befristeten Verträgen macht, die an Bedingungen geknüpft sein werden. „Damit wird das Bild eines Künstlers, einer Künstlerin zementiert, der, die jung, dynamisch und ungebunden durch die Welt zieht“, sagt Celia - und will dagegen halten. Die Ateliergenossenschaft sei schliesslich ein gutes Beispiel dafür, dass Kunstschaffende durchaus nachhaltige Arbeitskonzepte schätzen. „Ich brauche nicht einfach ein Atelier. Ich brauche einen Arbeitsort“, sagt auch Werner, 75 Jahre alt und Mieter der ersten Stunde in der Ateliergenossenschaft Klingental.

Erleichterung auf Zeit
Dass die Suche nach einem geeigneten Ort schwierig war, hatte auch damit zu tun, dass sie als Gemeinschaft ausziehen wollten. „Für uns gab es nur eine gemeinsame Lösung“, sagt Jan. Schliesslich sind etwa drei Viertel der Ateliergemeinschaft vom Kaserneareal in das BASF-Gebäude umgezogen, einige kamen hinzu. Derzeit arbeiten 34 Kreativschaffende auf vier Stockwerken verteilt, der Jüngste ist 25, der Älteste 89 Jahre alt.

Hier sind sie sicher. Vorerst. Der Vertrag ist auf fünf Jahre befristet, danach müssen sie weiterschauen. Schon wieder.

„Ich kann erst seit zwei Wochen wieder kreativ denken“, sagt Werner. Sein Büro liegt im obersten Stockwerk. Von dort bietet sich ihm ein weiter Blick über die Dächer, auf den Rheinhafen, bis zum Schwarzwald. Er teilt sein Atelier mit Nora Roth. Die Bewohnerinnen und Bewohner haben aus den genormten Büros verschieden grosse Ateliers machen lassen, je nach Bedürfnis - und Budget. Zehn Franken zahlen die sie monatlich pro Quadratmeter. „Für mich ist das wichtigste an dem Haus das Gemeinschaftsgefühl“, sagt Werner. Klar, die Atmosphäre vom Klingental könne man nicht kopieren, „aber ich konnte mich, glaube ich, davon verabschieden.“ Hier gebe es andere Qualitäten, zum Beispiel das Tageslicht. „Langsam kommt auch hier Stimmung auf.“

Allem Anfang …
Mehr Zeit braucht Regula, 83 Jahre alt. „Ich musste mit allem brechen, was war.“ Der Prozess des Ankommens werde sie erst einmal künstlerisch verarbeiten. Danach schaue sie weiter. Aber auch sie kann dem Umzug etwas Gutes abgewinnen. „Dass ich in meinem Alter noch einmal so richtig aus den Bahnen geworfen wurde“, sagt Regula, „das hat auch eine Qualität.“ Dem stimmen auch die anderen zu. Sie haben jetzt die Chance, Strukturen neu aufzugleisen und, in regelmässigen Sitzungen, Grundsätze zu verhandeln. Natürlich gemeinschaftlich. Und es wäre wohl nicht die Ateliergenossenschaft Basel wenn nicht über all dem noch die Hoffnung stehen würde, dass sich die zeitliche Begrenzung irgendwann auflösen wird.