30.01.2018

NEIN zu No-Billag, NEIN zur Unkultur

NEIN zu No-Billag, NEIN zur Unkultur
Die No-Billag-Initiative schadet sowohl Kulturschaffenden als auch Kulturinteressierten. Deshalb sagt der Verband der Kreativwirtschaft Basel (kreaB) NEIN zur Initiative, die das Prinzip der Solidarität unterläuft und damit eine zivilisatorische Errungenschaft aufgeben will, auf der unsere Gesellschaft fusst.

Die SRG leistet wichtige Kulturförderung- und Vermittlung
Eine Zerschlagung der SRG hätte zur Folge, dass ein essentieller Teil der Kulturförderung und der öffentlichen Vermittlung des Schweizer Kulturschaffens entfallen würde.
Zurzeit fliessen rund ein Fünftel der Ausgaben der SRG in die Kulturförderung. Davon profitiert unter anderem die Schweizer Filmszene, die ohne diese finanzielle Unterstützung der SRG nicht überleben würde. Auch ihre Vertreterinnen und Vertreter haben sich klar gegen die No-Billag-Initiative ausgesprochen. Die SRG finanziert jedoch nicht nur Schweizer Kulturproduktionen, sie bietet ihnen auch eine wichtige Plattform. Für die meisten Schweizer Musiker wäre der Wegfall der SRF-Sender eine existentielle Bedrohung. Allein Radio SRF2 Kultur überträgt jährlich über 200 Konzerte. Besonders dramatisch wäre das Wegfallen der SRF-Sender für jene Autorinnen und Autoren, die in Mundart schreiben. Der Markt regelt nicht alles, und schon gar nicht ein so kleiner Markt wie die Schweiz. Wenn die Meistbietenden entscheiden, was gesendet wird – und das sieht der Initiativtext in aller Deutlichkeit vor – wären Kultursendungen, die keinen grossen Marktanteil haben, nicht mehr von ökonomischem Interesse für die Betreiber. Die Folge wäre kultureller Mainstream.

Bei einer Annahme entfällt der Kulturauftrag für Radio und Fernsehen
Wir möchten darauf hinweisen, dass bei einer Annahme der Initiative der Kulturauftrag von Radio und Fernsehen in der Schweiz umgehend aus der Verfassung verschwinden würde. Der folgende Absatz wäre somit mit sofortiger Wirkung hinfällig: „Radio und Fernsehen tragen zur Bildung und kulturellen Entfaltung, zur freien Meinungsbildung und zur Unterhaltung bei. Sie berücksichtigen die Besonderheiten des Landes und die Bedürfnisse der Kantone. Sie stellen die Ereignisse sachgerecht dar und bringen die Vielfalt der Ansichten angemessen zum Ausdruck.“ (Art. 93 BV)
Die Initianten messen der Kultur offenbar keine Bedeutung bei, denn im vorgeschlagenen Ersatzartikel 93 steht nichts Vergleichbares.

Kultur hält die Gesellschaft zusammen
Wer darüber nachdenkt, was eine Gesellschaft im Kern verbindet, kommt um den Begriff der Kultur nicht herum – besonders in einem Land mit verschiedenen Sprachregionen. Der Angriff auf die SRG, die einen Kulturauftrag hat, ist demnach auch ein direkter Angriff auf den Zusammenhalt der Gesellschaft. Wie und in welchem Umfang die SRG ihren Kulturauftrag in Zukunft wahrnehmen soll, muss weiterhin öffentlich diskutiert werden, ebenso wie die Qualität der einzelnen Sendungen. Doch das ist nur möglich, wenn die Stimmbevölkerung die SRG nicht abschafft.
Niemand käme auf die Idee, ein Theater oder ein Museum zu schliessen, nur weil einzelne Inszenierungen oder Ausstellungen nicht gefallen. Wenn ausschliesslich das Prinzip gelten würde „ich zahle nur, was ich nutze“, dann gäbe es keine grösseren kulturellen Institutionen in der Schweiz. Denn sie werden dank der Subventionen aus Steuergeldern solidarisch auch von all jenen mitgetragen, die nicht in die Oper oder ins Konzert gehen. Genau gleich verhält es sich mit dem breiten Kulturauftrag der SRG, der nur mit Gebührengeldern umsetzbar ist.
Wenn wir auf das Prinzip der Solidarität und des Ausgleichs verzichten, dann dürften Gesunde keine Spitäler, Kinderlose keine Schulen und Velofahrer keine Autobahnen mitfinanzieren. Die libertäre Haltung hinter der No-Billag-Initiative läuft der Grundidee von kreaB zuwider – einem Verband von Kreativschaffenden aus so verschiedenen Bereichen wie Architektur, Musik, Darstellende Kunst, Literatur und Text, Film und Fotografie, Szenografie und Innenarchitektur, Kommunikationsdesign und Illustration, Produktdesign und Modedesign, Presse und Rundfunk, Software und Games, Kunsthandwerk und Bildende Kunst, die sich solidarisch zusammengeschlossen haben, um die Kreativwirtschaft insgesamt zu stärken, auch wenn die einzelnen Mitarbeitenden davon nicht unmittelbar profitieren.

Was wäre die Alternative?
Wir sind zutiefst beunruhigt über die Tatsache, dass die Initianten keinerlei Erfahrung im Medien-Bereich haben. Ihre Behauptung, dass die SRG viele Sendungen mithilfe von freiwilligen Beiträgen weiterhin betreiben könnte, ist nicht realistisch - vor allem nicht im Kultur- und Informationsbereich. Uns ist kein Beispiel einer hochwertigen Kultur- oder Informationssendung bekannt, die langfristig ohne Subventionen arbeiten konnte. Dass der digitale Umbruch im Medienbereich dies in naher Zukunft ermöglichen soll, scheint uns nicht plausibel. Die Schweiz mit ihren vier Sprachregionen ist schlicht nicht gross genug, um seriöse Recherche und Information durch das Publikum finanzieren zu können.

Reiche dürfen kein Monopol für Information haben
Es darf nicht sein, dass die Macht über die öffentliche Information bei jenen liegt, die am meisten Vermögen angehäuft haben. Zur Grundlage einer direkten Demokratie gehört, dass sich die Stimmbürgerinnen und -bürger aufgrund von gut recherchierten und ausgewogenen Informationen vor einer Abstimmung selbst eine Meinung bilden können. Wenn die Medien – die vierte Macht im Staat – den Meistbietenden gehört, ist die Demokratie in der Schweiz grundlegend gefährdet. In den vergangenen Jahre hat bereits eine beunruhigende Konzentration in der Schweizer Medienlandschaft stattgefunden. Umso dringender braucht es die SRG als unabhängige Institution, die der Ausgewogenheit verpflichtet ist.
Über den Auftrag und den Umfang des Service public sollen wir alle als Gesellschaft weiterhin diskutieren. Doch eine Reform der SRG ist nicht durch ihre Abschaffung zu erreichen.
Deshalb sagt kreaB NEIN zu No-Billag und damit NEIN zur Unkultur.