21.01.2022

Kreativschaffende gestalten kulturelle Wirklichkeiten

Kreativwirtschaft – wie trägt sie zur kulturellen Wirklichkeit der Gesellschaft bei?

Ihre Akteur:innen sind überwiegend als Kleinstunternehmen mit 1 bis 5 Mitarbeiter:innen in 13 Teilmärkten tätig, die als Kreativwirtschaft im Ganzen verstanden werden. Dahingegen wird in der öffentlichen Debatte zumeist zwischen leistungserbringenden Unternehmer:innen wie Grafik- und Produkt-Designer:innen, Architekt:innen, Werbe- und Marketingschaffenden, etc. und auf der anderen Seite, förderungswürdigen Kulturschaffenden aus den klassischen Bereichen wie Bildende oder Darstellende Künste, etc. segmentiert.

Der Seifenboss, entwickelt von der Basler Agentur eyeloveyou für den Kanton Basel-Stadt, wird jedem Basler Schulkind in Erinnerung bleiben. Er hat einen wirkungsvoll schmunzelnden Blick auf die Umstände der Pandemie ermöglicht – Prädikat kulturprägend. Kreative Erneuerung sollen beim Projekt Nomadic Retails der Schule für Gestaltung Basel zum Zuge kommen, bei dem es um Raumkultur in Form neuer Retail-Konzepte und Labels zur Revitalisierung von Innenstädten und Einkaufspassagen geht – wie Matthias F. Böhm von StadtKonzeptBasel betont: “Stadtraum ist Entwicklungsraum und eine Krise war schon immer eine Chance.” Die lokale Redaktion von Bajour mit ihrem täglich erfrischenden Newsletter und Ana Brankovic mit ihrem Szene-Verein wie wär’s mal mit? sind zwei aus Basel nicht mehr wegzudenkende Akteurinnen, die kulturprägend und zugleich unternehmerisch unterwegs sind.

Kreativwirtschaft schafft gemeinsame Bilder für das Gemeinwesen.
Johanna Mayrshofer, Co-Geschäftsführerin Stellwerk


Gerade in Zeiten des Umbruchs wie der Pandemie sind es Kreativschafffende, in deren Werken sich der Stand der Zeit spiegelt – womit Kreativschaffende auch eine wichtige und tragende Rolle für die Gesellschaft spielen.

Basel im kulturellen Standortwettbewerb – welche Rolle spielt die lokale Kreativwirtschaft ?

Betrachten wir Basel im aktuellen Standortwettbewerb, sind es heute unter anderem die Museen und Theater, die weltweite Ausstrahlung von Herzog & de Meuron für Basel als Architekturstadt und die über 50-jährige Art Basel, die ihren Ruf als internationale Kulturstadt ausmachen. Durch den Transfer kreativer lokaler Leistungen auf die internationale Bühne tragen immer mehr neue und erfolgreiche Basler Kreativakteur:innen dazu bei, Basels Ruf zu prägen. Wie zum Beispiel iart mit Sitz in Münchenstein, sie erweitern mit medialer Architektur Räume und schafft Begegnung von Mensch und Technologie lokal wie in der Fondation Beyeler oder auch international wie mit Ai Weiwei und Herzog & de Meuron in New York City zum Thema der Überwachung in öffentlichen Räumen. Ebenfalls lokal und international unterwegs ist Idee und Klang Audio Design aus dem Gundeli. Für Projekte wie Die Erde am Limit im Kunsthistorischen Museum Basel, das Imperial War Museum in London oder auch in Besucherzentren von Unternehmen komponieren und installieren sie Sound Szenografien, um Kulturprojekte oder Unternehmensidentitäten akustisch erlebbar zu machen.


Fakt ist, Kultur-Produktion hört nicht an Landesgrenzen auf.
Janina Schombach, Geschäftsführerin kreaB


Auch entstehen immer wieder kleinere lokale Projekte, die prägnant für das kulturelle Image von Basel sind – und die Attraktivität Basels erheblich mit beeinflussen. Dazu gehören neue Formate wie das kommerzielle Ausstellungsprojekt Studio Slow von Gaby Hangartner bei der Dreirosenbrücke oder die Papeterie Carte Blanche der Grafik Designerin Susanne Krieg im Iselin Quartier – bei beiden findet sich Kunst und Design zusammen – beide bieten regionalen und internationalen Kreativakteur:innen Raum, ihre Produkte lokal zu platzieren.

Kultureller Wandel – Welche Bedeutung hat er für die Kultur-Produktion in Basel?

Die Pandemie brachte einige spannende Projekte in Basel hervor, als plötzlich die institutionellen Strukturen für die Kulturproduktion wegfielen. Kreativschaffende haben sich zusammengetan und mit Digitalisierung auseinandergesetzt, um zwei zu nennen:

Brigitte Fässler und William Bejedi verstärkten mit Cubique das Narrativ des Tanzes durch den Transfer von Life Performances ins Video – setzten sich dabei dem Menschenbild im Widerstand zwischen Natur und Wissenschaft aueinander – und publizierten diese auf Social Media mehr im Portrait über die beiden). Das spontan ins Leben gerufene, unabhängige Künstlerkollektiv New Normal unter der Leitung von Eva Böhmer und Lorenz Nufer begab sich auf den Weg in die Postdigitaltität und erforschte fernab von Theatersälen mit digitalen Medien neue künstlerische Formen und Ausdrucksweisen an der analog-digitalen Schnittstelle – auf einer Internetplattform und über Social-Media Kanäle konnte das Publikum aktiv werden und in Austausch mit den Künstler:innen selbst treten.

Die Akteur:innen der Kreativwirtschaft als Ganze informieren und prägen Kultur in einem noch nie dagewesenen Ausmass, indem sie Werte vermitteln und sichtbar machen. Pandemie-bedingt und getrieben durch die Digitalisierung stellen sie zunehmend mehr Beiträge über soziale Netzwerke und Online-Plattformen zur Verfügung, erreichen dadurch eine breitere Audience und ein neues Level an Austausch entsteht zwischen Sender und Community. Um weiter zu gehen, jede:r kann mit persönlichem Tun zum Kulturproduzent werden, wenn seine Online Präsenz unterhaltsam ist, Austausch generiert und dadurch Bedeutung für die Community erhält. Dabei verlieren marktrelevante Vorgänge wie Preise, Geldfluss für die einzelne Arbeit an Bedeutung. Vielmehr gewinnt die Qualität an persönlichen Beziehungen online und abseits der digitalen Flüsse an Wert in diesem Prozess.

Die zunehmende digitale Vernetzung und Weiterentwicklung neuer medialer Technologien wird die kulturelle Produktion auch nach der Pandemie weiterhin stark prägen und einen Vor-Corona Status nicht wiederherstellen. Verschiedene Kreativakteur:innen aller Teilmärkte werden zunehmend zusammenkommen, in Kollaborationen Neues generieren und Kultur gestalten.


«Kreativwirtschaft als Ganzes generiert Kultur.»
Silvia Wolff, Vorstand kreaB



Nicht nur die Art der Kultur Produktion, auch das Publikum verändert sich, die Ansprüche passen sich der heutigen Zeit an – es braucht Lust, Moderne zu gestalten. Mit welchen Fragen setzen wir uns dabei auseinander?


Was wäre, wenn alle 13 Teilmärkte politisch gesamtheitlich betrachtet und ein kultur-ökonomischer Ansatz gefunden werden würde?

Wie könnten Kulturinstitutionen mit dem kulturellen Wandel wachsen und neuen Formaten Raum geben?

Oder welche neuen Förder- und Geschäftsmodelle bräuchte es, damit Basel seinen Platz als Kultur- und Kreativstadt in der aktuell stattfindenden kulturellen Transformation einnehmen kann?


kreaB traf Kaspar Sutter – Gemeinsamer Austausch und Visionen

Der Prozess, Antworten auf die oben gestellten Fragen zu finden, wird ein spannendes Experimentierfeld für alle Kreativschaffenden, institutionellen, politischen und gesellschaftlichen Beteiligten sein. Es ist den bestehenden Werten und Strukturen Wertschätzung entgegenzubringen und zugleich ein Weg zu bereiten, die Herausforderungen des kulturellen Wandels anzunehmen.

In diesem Zusammenhang endete 2021 für kreaB mit einem spannenden und aussichtsreichen Gespräch kurz vor Weihnachten mit Kaspar Sutter, Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt und Vorsteher des Departements für Wirtschaft, Soziales und Umwelt.


  1. Kaspar Sutter hat kreaB im Auftrag bestärkt, die Interessen der Kreativwirtschaft zu bündeln.
  2. Die Sichtbarkeit der Kreativwirtschaft sieht er als ein zentrales Element, bei dem er kreaB seine Unterstützung angeboten hat.
  3. Er möchte mit uns im aktiven Austausch bleiben, wenn es um politische Fragestellungen wie den Mindestlohn geht oder für den Regierungsrat relevante Implikationen seitens der Kreativwirtschaft.


Als Verband der Kreativwirtschaft Basel sehen wir unsere Aufgabe darin, die Interessen aller Kreativakteur:innen und vor allem die, der vielen Einzelakteur:innen zu vertreten – im gemeinsamen Gespräch bestätigte Herr Kaspar Sutter, dass er im Austausch mit kreaB einer Bündelung der Interessen innerhalb der Kreativwirtschaft entgegen sähe.

Mit dieser Aussage schaffte der Regierungsrat unter Elisabeth Ackermann bereits 2020 einen positiven Nährboden, der die Vorteile der gesamthaften Kreativwirtschaft indirekt inkludiert:

Die «Weltkulturstadt im Taschenformat» fokussiert dabei auf zwei Schwerpunkte: herausragende Exzellenz und breite und innovative Vielfalt des kulturellen Schaffens.
Kulturleitbild (2020 - 2025) Basel-Stadt, Regierungsrat Basel-Stadt

kreaB als Verband der Kreativwirtschaft für Basel hat deshalb als Vision formuliert:

Bis 2030 wird Basel als Kultur- und Kreativstadt auf internationalem Niveau etabliert – aufbauend auf der kulturellen Prägung der Stadt, übersetzt ins digitale Zeitalter des 21.Jahrhunderts.

Die Strahlkraft der Kreativwirtschaft wird sich positiv darauf auswirken, sozialverträgliche Rahmenbedingungen zur Verbesserung der Erwerbschancen und sozialen Absicherung der Kreativschaffenden voranzubringen.


Weitere Lektüre zum Thema: Mehr über die Bedeutung des kulturellen Wandels im 21. Jahrhundert für neuartige Geschäftsmodelle, etc. in der Kultur Produktion kann u.a. in den Publikationen von Univ.-Prof. Dr. Carsten Winter für Medien- und Musikmanagement am Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover nachgelesen werden.