25.04.2018

Freiräume und Zwischennutzung als Nährboden für die Kreativwirtschaft?


Freiräume und Zwischennutzungen sind Schlagwörter mit einer 50-jährigen Geschichte in Basel – die noch lange nicht zu Ende ist. Das wurde mir neulich klar, als ich die Ausstellung 68-88-18 besuchte. Was in den 1960er als autonome Bewegung begann, entwickelte sich durch die erste vertragliche Zwischennutzung im Schlotterbeck zu einer veritablen «Umnutzungsmaschine». Das hat Vor- und Nachteile.

Positiv ist, dass diese Art der Zwischennutzung es Menschen ermöglicht, sich kreativ und beruflich zu entfalten und eine einmalige Startmöglichkeit bietet. So hat sich die ursprüngliche Schlotterbeck-Gruppierung später in der ganzen Stadt verteilt. Die meisten zogen in den Werkraum pp (Warteck). Von da ging‘s weiter – eine Karawane der Aufwertung sozusagen – ins Bell, Nt/Areal und den Klybeckhafen. Nächste Etappe dürfte das Klybeck plus werden. Die Zwischennutzungen sind nicht nur ein Nährboden für Kunst und Kultur, sondern auch für Startups. Bestes Beispiel ist die ehemalige Softwarefirma Day. Angefangen hat alles im winzigen Rahmen auf dem Bell-Areal. Vor ein paar Jahren kaufte Adobe die kleine Basler Software für satte 240 Millionen. Das beweist eindrücklich, wie wichtig die Kreativbranche für den Wirtschaftsstandort Basel ist (einige glauben das ja immer noch nicht). Zwischennutzungen generieren also auch Arbeitsplätze. Das wird gern vergessen.

Heute werden Zwischennutzungen oft von Behörden oder Eigentümern initiiert, damit ein Areal während der Planungsphase nicht brach liegt. Diese Praxis muss kritisch hinterfragt werden. Denn in dieser Situation reden Verwaltung und Behörde zu stark mit. Auf diese Weise bewegen sich die Zwischennutzungen immer weiter weg von der Grundidee des Freiraums, der eine Graswurzelbewegung zulassen würde. Kommt hinzu, dass die hippen Gastrobetriebe und Unterhaltungstempel ein zwischengenutztes Gebiet nachhaltig verändern und zu Gentrifizierung führen. Die Mieten steigen und verdrängen Akteure, die man eigentlich anziehen wollte. Orte der Zwischennutzung werden so Opfer ihres eigenen Erfolgs – eine paradoxe Situation.

Viel steht auf dem Spiel
Dabei ist gerade die soziale Nachhaltigkeit solcher Entwicklungsgebiete besonders wichtig. Leider scheinen das viele Planer zu vergessen. Auch dafür gibt es ein prominentes Beispiel in Basel. Auf das lebendige Nt/Areal folgte das monotone Erlenmatt. Die Erdgeschosse, die für die öffentliche Nutzung vorgesehen waren, stehen zum Teil bis heute leer oder werden von Kitas betrieben. Unter öffentlicher Nutzung verstehen die meisten wohl etwas anderes. Dabei hätte es ganz anders kommen können. Und zwar, wenn man etwas von den Ideen und Nutzungen vom Nt/Areal für die Zeit nach dem Provisorium übernommen hätte. Dazu wäre ein Zwischenschritt, die so genannte Pilotnutzung nötig gewesen. Diese Phase des Enstehenlassens hätte in die Umnutzungsplanung miteinbezogen werden müssen. Auf diese Weise wäre die Transformation in ein lebendiges Quartier möglich gewesen.

So etwas darf sich nicht wiederholen. Verantwortung dafür tragen nicht nur Planer. Auch wir Kreativschaffenden müssen uns dieser grossen Herausforderung stellen und unseren Teil dazu beitragen. Wir alle können gemeinsam die Lebensqualität unserer Stadt mitformen und Einfluss nehmen auf ein kreatives und lebenswertes Basel.

Elias Aurel Rüedi, Architekt und kreaB Vorstandsmitglied