16.03.2022

Ciao Audioguide, hallo dojo!

Jana Kalbermatter hat noch während ihres Studiums einen Stick entwickelt, der akustische Inhalte über Knochenschall vermittelt, während die Ohren frei bleiben. Mit ihrem Partner Louis Moser machte sie daraus ein Startup, liess ihre Innovation patentieren – zusammen haben sie den dojo-Stick zur Marktreife gebracht. Er könnte komplizierte Audio-Guides bald aus Museen verdrängen und noch vieles mehr – kreaB traf die eiden zum Gespräch.

Erfinderin oder Künstlerin habe sie werden wollen, erzählte Jana Kalbermatter vor einem Jahr in einem Dok von SRF. Mit dem dojo-Stick hat sie gewissermassen beides geschafft. Der elegante Stab vermittelt über Knochenschall Audio-Inhalte – dabei kommt das gleiche Prinzip zum Tragen wie bei der Stimmgabel. Es sei, als ob man den Gedanken zuhöre, sagt Jana. Der dojo-Stick ist inzwischen patentiert und steht ganz kurz vor seiner Marktreife. Ab Sommer wird er im Museum für Kommunikation in Bern im Einsatz sein. kreaB hat Jana und ihren Lebenspartner Louis Moser, mit dem sie das Startup führt, zum Gespräch getroffen. Im Perron im alten Bahnhof St. Johann herrscht Hochbetrieb an diesem Abend. Der Ort ist nicht zufällig gewählt. Hier ist auch das Stellwerk zuhause, ein Co-Working-Space für Kreativ- und Kulturschaffende, wo auch dojo tech seine Zelte aufgeschlagen hat.


Jana, wann wusstest du, dass aus deinem Diplomprojekt ein Unternehmen wird?

J: Die Ausgangsfrage kam aus der Signaletik, wo Personenführung ja ein grosses Thema ist. Ich suchte nach einer Signaletik, die sich auf eine aktuelle Technologie bezieht und habe dann auf einer Matrix allerlei Szenarien durchgespielt. So entstand der Stick. Zunächst noch mit ganz vielen Funktionen.

L: Da waren Sachen dabei wie ein integriertes Ticketing und vieles mehr. Wir mussten dann intensiv abspecken. Wir hatten uns dazu auch intensiv mit Ausstellungsmachern ausgetauscht, also quasi Marktforschung betrieben. Es war ihr Feedback, das uns weitermachen liess.

J: Wir haben mit ganz vielen Leuten geredet, die mit diesem Produkt in Berührung kommen könnten. Wenn der Grundtenor dann so positiv ist, lohnt es sich einfach weiterzumachen.

L: Ja, das Zuhören war der eigentliche Treibstoff.


Zuhören ist auch der Kern des dojo-Sticks. Der Knochenschall erlaubt es uns, akustische Signale wahrzunehmen, während das Ohr frei bleibt. Jana spricht von einer «durchgängigen Erfahrung». Der Stick ist eine zusätzlich Informationsebene, man hört zu und bleibt gleichzeitig offen, die Umgebung wahrzunehmen.

Darüber hinaus bringt die Technologie auch Möglichkeiten, Menschen mit Hörschädigung zu erreichen. Der Stick soll möglichst inklusiv sein.



Ihr geht mit einer echten Innovation an den Start. Wie hilfreich war das, um Investoren ins Boot zu bekommen?

J: Nur weil das Produkt gut ist, heisst das nicht, dass der Business-Case bei den Investoren ankommt. Und der Business-Case ist entscheidend.

L: Du bist nicht nur ein Produkt, sondern auch eine Firma, und das sind zwei voneinander unabhängige Dinge, die funktionieren müssen.

J: Du bist deine Administration, HR, dein Legal und auch dein eigenes Praktikant.

L: Es geht darum Milestones zu erreichen, damit du Geld auftreiben kannst. Und dann wieder einen Milestone zu erreichen und wieder Geld und so weiter.



Neben einem privaten Investor, der früh aufgesprungen ist, konnte das Unternehmerpaar auch die Basellandschaftliche Kantonalbank für ihren Business-Case begeistern. Sie haben an der Swiss Innovation Challenge teilgenommen und dem Swiss ICT Investor Club (SICTIC), bei ArtTech Programm der EPFL dabei. Netzwerke und Wettbewerbe seien sehr wichtig, sagt Jana. Darum gingen sie auch in die Höhle der Löwen. Und sie griffen auf die Unterstützung der Startup Academy zurück. Das habe ihnen extrem geholfen, die unternehmerische Seite zu verstehen. «Es gibt hier so viele Möglichkeiten», sagt Jana.


J: Kommunikation ist so ein wichtiger Teil des Business.

L: Es geht beim Networking auch darum, Wissen abzuholen. Wir haben inzwischen ein riesiges Netzwerk an sehr erfahrenen Leuten. Es war auch eine tolle Erfahrung zu erleben, wie viele erfahrenen Leute ihre Zeit zur Verfügung stellen.

J: Man lernt jemanden kennen, der gut in etwas ist und dann geht man und denkt drüber nach und setzt etwas um. Zum Beispiel das mit dem Patentieren.


Und warum heisst der Stick eigentlich dojo. Der Begriff komme aus dem Japanischen und heisse «Ort des Weges». Signaletik, Orientierung, das räumliche Erlebnis, der Begriff passte. «Obwohl ich gar nicht vom Kampfsport komme», wie Jana sagt. Der Begriff helfe so auch, das Produkt zu kontextualisieren, sagt Louis. Und wohin geht die Reise?


J: Wir sind jetzt beim Standardprodukt angelangt. Jetzt müssen wir es ausbauen.


Angedacht ist zum Beispiel eine Interaktionstaste. Damit können Benutzer:innen Ausstellungsinhalte bewerten oder sich weiterführende Informationen aufs Handy oder den Computer schicken. Das würde für Ausstellungsmacher eine gänzlich neue Dimension der unmittelbaren Interaktion mit dem Publikum ermöglichen. Aber jetzt sammle man erstmal Feedbacks. Die Anwendungsbereiche ihres dojo-Sticks sind vielfältig. Produkte werden zunehmend in Showrooms präsentiert. Autohersteller wie Tesla präsentieren sich heute in Einkaufsmeilen und wollen ihr Produkt erlebbar machen. Währenddessen sich der Vertrieb zunehmend ins Internet verlagert, kommt bei der Präsentation zunehmend die Ausstellungslogik zum Zug, damit wird auch das Storytelling immer wichtiger. Für dojo tech sind das gute Nachrichten.

SRF DOKU dojo - Storytelling in einem Stab