09.09.2020

«Die Umwelt braucht Kunst & Kultur»

Wie fühlt sich ein Baum, der frisch von der Baumschule auf einen Verkehrskreisel verpflanzt wird? Mit dieser Frage beschäftigt sich ein Text, den ein junger Basler Poet für die Ausstellung «Plan B. Bäume als Partner für eine klimafreundliche urbane Zukunft» verfasst hatte. Die Ausstellung widmet sich mit künstlerischen Werken auf unterschiedlichste Art dem Stadtbaum. «Die Stadtbäume sind im Vergleich zu den Waldbäumen die Underdogs», sagt Julia Sommerfeld, die Kuratorin der Ausstellung. Sie seien weniger beachtet, können sich kaum mit Artgenossen vernetzen – und leisten doch einen essentiellen Beitrag für das Klima und die urbane Lebensqualität. So produziert eine einzige ausgewachsene Eiche Atemluft für 26 Menschen und beherbergt bis zu 1000 Insektenarten, wie Yvonne Aellen, Leiterin Grünflächenunterhalt des Kantons Basel-Stadt in einem Videointerview erzählt.

«Die Stadtbäume sind im Vergleich zu den Waldbäumen die Underdogs»

Doch nicht nur der Mensch atmet den Sauerstoff ein, den die Bäume freisetzen. Auch die Bäume atmen mit ihren Stomata, den Zellen unterhalb ihrer Blätter. Wie das aussieht, wird mit sinnlichen Videoaufnahmen von der Künstlerin Daniela Vollmer veranschaulicht. Auch zu hören gibt es an der Ausstellung etwas: Zwei Künstler haben Daten einer DNA-Sequenz verschiedener Säugetieren, Insekten, Bakterien oder Pilzen, allesamt Baumbewohner, in Musik übersetzt, die in dem Ausstellungspavillon im Hintergrund abgespielt wird. In einer anderen Ecke veranschaulicht eine textile Installation mittels Siebdruck den kühlen Schattenwurf der Bäume und sein Aufeinandertreffen mit der urbanen Infrastruktur.

Ausstellung soll BesucherInnen aktivieren
Für Kuratorin Julia Sommerfeld ist klar: «Die Umwelt braucht Kunst und Kultur», denn diese haben die Möglichkeit, «die dringlichen Fragen des Klimawandels auf eine andere Weise zu stellen und anders zu berühren, als herkömmliche Informationsvermittlung». Deshalb hat die studierte Kultur- und Designwissenschaftlerin den Verein «Zentrale für Umweltausstellungen» gegründet, diese Ausstellung soll nur der Anfang von weiteren sein. Dabei will sie die BesucherInnen nicht nur informieren, sondern auch aktivieren. «Die Ausstellung gibt auch lokalspezifische Fakten mit: Wo kann ich mich für Stadtbäume engagieren, wie ist die Gesetzeslage, was für Vereine gibt es?» Eine Kiosk-Wand in der Ausstellung gibt praktische Tipps dazu. In einer Archiv-Slideshow hat Julia ausserdem zusammengetragen, welche Bürgerinnen und Bürger von Basel sich in der Vergangenheit wie für Stadtbäume eingesetzt haben. «Das kann andere inspirieren», sagt sie. Die Recherche hat sie auch selbst inspiriert: Heute ist Julia stolze Patin einer schmalblättrigen Purpur-Esche der Stadt Basel. Eine von vielen Möglichkeiten, den Stadtbäumen etwas zurückzugeben.

Bild: © Swen Keller